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Virtuelle Rekonstruktion der Großen Synagoge in Erfurt wird übergeben

Seit einigen Jahren werden zerstörte Synagogen virtuell rekonstruiert. Darunter findet sich nun auch die Rekonstruktion der 1884 geweihten und 1938 von den Nationalsozialisten zerstörten Großen Synagoge in Erfurt. Das Projekt wurde von den Geschichtsmuseen der Stadt Erfurt gemeinsam mit der Fachhochschule Erfurt und den Universitäten Erfurt und Jena erarbeitet und liefert den Nutzer*innen zum ersten Mal eine interaktive Virtual Reality-Umgebung. Mittels einer VR-Brille können sie sich selbstständig in der Synagoge bewegen und ihre Geschichte mit Bildern, Audiobeiträgen, Musik und einem Film erkunden. Gleichzeitig steht ein Web-3D-Modell mit allen Inhalten im Internet zur Verfügung.

historische Aufnahme der Großen Synagoge in Erfurt
Quelle: Stadtarchiv

Mit der rechtlichen Gleichstellung der Jüdinnen und Juden nach 1871 eröffneten sich Chancen für ihre gesellschaftliche Emanzipation. Ihr Engagement veränderte Kunst und Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft.  Mit der 1884 geweihten Großen Synagoge schuf sich die wachsende jüdische Gemeinde in Erfurt ihr religiöses und kulturelles Zentrum. Doch die Nationalsozialisten zerstörten dieses reiche jüdische Leben in Thüringen. Die interaktive Virtual-Reality-Anwendung bringt nun die im Novemberpogrom 1938 zerstörte Große Synagoge ins Gedächtnis der Stadt zurück.

Das Projekt "Virtuelle Rekonstruktion der Großen Synagoge Erfurt" macht zum ersten Mal eine der zerstörten Synagogen in Thüringen wieder erlebbar. Zum Einsatz kommt dabei eine Virtual-Reality-Umgebung (VR), bei der die Betrachter*innen die Illusion einer realitätsnahen historischen Raumwahrnehmung erleben: Mit Hilfe einer VR-Brille und Hand-Controllern können sie, ähnlich wie in einer Zeitmaschine, in die „Vergangenheit“ reisen und die Große Synagoge in ihrem Zustand vor ihrer Zerstörung kennenlernen. Dazu werden das Gebäude, aber auch seine Einrichtung sowie wichtige Objekte des jüdischen Lebens definiert und anschließend in einen interaktiven Raum übertragen. Dieser Raum lässt sich dann in Originalgröße individuell erkunden. Darüber hianaus werden historische Zusammenhänge, aber auch Riten und Gebräuche des jüdischen Lebens in und um eine Synagoge erläutert.

Die Virtual-Reality-Anwendung der Großen Synagoge Erfurt soll nun am 5. September 2021, dem europäischen Tag der jüdischen Kultur, um 17 Uhr in der Kleinen Synagoge in Erfurt der Öffentlichkeit übergeben werden. Besucher*innen der Kleinen Synagoge und die Gäste der Jüdischen Landesgemeinde in der Neuen Synagoge können ab diesem Zeitpunkt die VR-Brille nutzen. Gleichzeitig wird ein Web-3D-Modell der Großen Synagoge Erfurt auf www.juedisches-leben-thuringen.de und auf www.juedisches-leben.erfurt.de zugänglich sein.

Die Forschungsstelle für Historische Medien der Universität Erfurt hat dazu den Instagram-Kanal „Jüdisches Leben in 3D“ erstellt, der bereits im März an den Start ging und rund um die Themen Wissen, Orte, Porträts, Kulturelles und Aktuelles über das Projekt fortlaufend informiert.

Das Kooperationsprojekt wurde von der Thüringer Staatskanzlei im Rahmen des Themenjahres "Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen" gefördert.

Anlässlich der Übergabe der Virtuellen Rekonstruktion findet am Mittwoch, 1. September, um 11 Uhr, in der Neue Synagoge der Jüdischen Landesgemeinde, Max-Cars-Platz 1, ein Pressegespräch statt. Als Gesprächspartner*innen stehen zur Verfügung:

  • Prof. Dr. Reinhard Schramm (Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde)
  • Landesrabbiner Alexander Nachama
  • Bodo Ramelow (Ministerpräsident Thüringen)
  • Dr. Tobias J. Knoblich (Beigeordneter für Kultur und Stadtentwicklung)
  • PD Dr. Annegret Schüle (Projektleiterin)
  • Prof. Yvonne Brandenburger, Dr. Andreas Christoph, Prof. Rolf Kruse, Prof. Dr. Christiane Kuller, Prof. Dr. Patrick Rössler (Projektpartner*innen)

Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Deshalb wird um Anmeldung unter E-Mail: annegret.schuele@erfurt.de gebeten. Männliche Besucher werden außerdem gebeten, beim Besuch der Synagoge eine Kopfbedeckung zu tragen.