Hat die von einem „Wolfram“ in den Erfurter Dom gestiftete lebensgroße Bronzestatue des Hochmittelalters womöglich eine jüdische Vorgeschichte? Diese Hypothese stellt eine Arbeitsgruppe des am Max-Weber-Kolleg angesiedelten Forschungszentrums „Dynamik religiöser Praktiken des Judentums in religiös pluralen Kontexten“ zur Diskussion. Prof. Jörg Rüpke, Prof. Dietmar Mieth, und Dr. Julie Casteigt forschen darin über die Beziehungen zwischen Juden und Christen im Mittelalter. Die Wissenschaftler bringen die Wolfram-Statue nun mit Darstellungen in jüdischen Handschriften des späten 13. Jahrhunderts zusammen und identifizieren sie als Aaron, der die Tora-Rollen hielt. Daraus könnte sich ein neuer Blick auf die christliche liturgische Nutzung ergeben, auf die die Gürtelinschrift der Statue verweist. Diese kann dem Wortlaut nach erst spätmittelalterliche Hinzufügung gewesen sein. Das Ziel des Projekts der drei Wissenschaftler ist nicht nur, eine neue Hypothese für die Identifikation dieser Statue vorzulegen, sondern auch dazu beizutragen, die historischen, kulturellen, liturgischen, künstlerischen Beziehungen zwischen der christlichen Gemeinde und der jüdischen in Erfurt in ihrer Komplexität hierbei zu erläutern. In der Ringvorlesung soll nun der erste Teil dieser Forschung dargestellt und die Frage beantwortet werden, welchen Beweis die mittelalterlichen Handschriften für diese Hypothese anbieten können.
Die nächste Veranstaltung findet am 17. Mai statt. Dann spricht Prof. Dr. Horst Bredekamp aus Berlin über „Weltkultur als Negation des Bildersturms: Zur Paradoxie christlicher Kunst“.
Nähere Informationen zur Ringvorlesung unter: www.uni-erfurt.de/ringvorlesungen.
(Pressemitteilung 46-2016 vom 03. Mai 2016)