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70 Jahre Artikel 16 Grundgesetz – Was ist geblieben vom Grundrecht auf Asyl?

Die Universität Erfurt und Radio F.R.E.I. laden am 22. Oktober zu einer Podiumsdiskussion ein, in der es um Artikel 16 des Grundgesetzes - also das Grundrecht auf Asyl - gehen wird.

Seit 1949 hatte das Recht auf Asyl in beiden deutschen Staaten Verfassungsrang. Während das Asylrecht in der DDR eine mehr oder weniger politische Gefälligkeitsbestimmung war, wurde es in der Bundesrepublik immer wieder zum Gegenstand erbitterter politischer Debatten, die stets auch ein Spiegel der demokratischen und humanitären Verfasstheit des Landes waren. Nach der tiefgehenden Änderung des Grundgesetzes im Jahr 1993 mit dem neuen Artikel 16a wurde das Asylrecht für die tatsächliche Flüchtlingspolitik immer weniger von Bedeutung. 2018 erhielten nur knapp einem Prozent aller Flüchtlinge in Deutschland eine Rechtsstellung nach dem Artikel 16a des Grundgesetzes. Trotzdem bleibt das Grundrecht auf Asyl in Deutschland ein Streitthema. Warum ist das so?

Der an der Universität Erfurt lehrende Historiker Patrice Poutrus hat mit seinem Buch „Umkämpftes Asyl“ untersucht, warum es in den Debatten um das Asylrecht stets auch um grundlegende Fragen der politischen und der moralischen Orientierung geht und der Artikel 16 und seine Auslegung, Anwendung oder eben Nicht-Anwendung immer ein Spiegel der ethisch-moralischen Verfasstheit Deutschlands ist. Dies gilt auch für Thüringen, in dem die Frage um Flüchtlinge und ihre Rechte ab dem Jahr 2015 besonders erbittert und kontrovers diskutiert wurde.

Angesichts einer immer stärkeren Verschiebung des Diskurses hin zu einer nationalistischen Politik der Abschottung bleiben drängende Fragen: Wie ernst nimmt die Bundesrepublik ihren im Grundgesetz festgelegten Anspruch, das Grundrecht auf Asyl als eines der zentralen Menschenrechte zu verteidigen und durchzusetzen? Warum wurde und wird dieses Grundrecht immer wieder aufs Neue in Frage gestellt und wie erleben Menschen in der Flüchtlingsarbeit die damit verbundenen Auseinandersetzungen?

Zum Auftakt des Wintersemesters 2019/2020 wird Radio F.R.E.I. in Zusammenarbeit mit der Professur für Neuere und Zeitgeschichte und Geschichtsdidaktik (Prof. Dr. Christiane Kuller) und der Professur für Politische Theorie (apl. Prof. Dr. Alexander Thumfart) von der Universität Erfurt diese und weitere Fragen am Dienstag, 22. Oktober, um 19 Uhr, mit Wissenschaftlern der Universitäten Jena und Erfurt und Vertretern der Thüringer Flüchtlingspolitik und Flüchtlingsarbeit diskutieren. Mit dabei sind:

  • Mirjam Kruppa, Beauftragte für Integration, Migration und Flüchtlinge des Freistaates Thüringen;
  • Astrid Rothe-Beinlich, Sprecherin für Migration und Flüchtlinge der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Thüringer Landtag;
  • Dr. Daniel Stahl, Vorstand des Flüchtlingsrat Thüringen e.V. und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der FSU Jena und
  • Dr. Patrice Poutrus, wiss. Mitarbeiter an der Professur für Neuere und Zeitgeschichte und Geschichtsdidaktik der Universität Erfurt.