Ringvorlesung: "Viel hilft viel? Demokratische Krisen und radikaldemokratische Antworten."

Im Rahmen der gemeinsamen Ringvorlesung von FH und Universität Erfurt spricht am Dienstag, 17. Januar, Prof. Dr. Martin Nonhoff vom Institut für Interkulturelle und Internationale Beziehungen der Universität Bremen zum Thema "Viel hilft viel? Demokratische Krisen und radikaldemokratische Antworten“. Beginn ist 18 Uhr im Festsaal des Erfurter Rathauses, der Eintritt ist frei.



Es scheint nicht verwegen, von einer Krise der liberalen Demokratie zu sprechen: So spielt etwa der ungarische Ministerpräsident Orban mit dem Gedanken einer „illiberalen Demokratie“ und in der Türkei landen reihenweise Journalisten, Intellektuelle und Politiker, welche die liberale Demokratie zu verteidigen suchen, im Gefängnis. In Polen wird die Institution eines unabhängigen Verfassungsgerichts systematisch untergraben und in den USA kündigt ein (letztlich siegreicher) Präsidentschaftskandidat im Wahlkampf an, das Wahlergebnis nur anzuerkennen, wenn er die Wahl gewinnt. Diese Ereignisse verknüpfen sich mit einer in vielen Staaten zunehmenden Skepsis, ob die liberale Demokratie, gegründet auf Rechtstaatlichkeit, Menschen- und Minderheitsrechte, noch die erstrebenswerteste Regierungsform darstellt. Eine verbreitete Antwort auf solche Krisenkennzeichen ist, gerade auch unter populistischen Bewegungen (aber keineswegs nur dort), die Forderung, Demokratie im plebiszitären Sinne auszuweiten, das heißt Demokratieskepsis mit „mehr Demokratie“ zu begegnen.

Im Vortrag wird gezeigt, wieso gerade aus einer radikaldemokratischen Perspektive eine zu starke Fokussierung auf plebiszitäre Elemente ein Irrweg sein kann. Denn der Kern des Demokratischen besteht zwar einerseits darin, gemeinsam etwas neu schaffen zu können. Andererseits aber verlangt gerade die stete Offenheit für den Neubeginn danach, demokratische Institutionen und Entscheidungsverfahren so anzulegen, dass sie eine bestimmte Ordnung nicht vollends fixieren, sondern für konstante Kritik offenbleiben. Plebiszite leisten allerdings genau dies nicht, jedenfalls dann nicht, wenn ihnen, wie es sehr verbreitet ist, zugeschrieben wird, eine Wahrheit über „den“ Volkswillen zum Ausdruck zu bringen. Demokratie, radikal verstanden, heißt vielmehr anzuerkennen, dass es in der Pluralität unserer Gesellschaften nicht die eine politische Wahrheit gibt, und die Institutionenordnung entsprechend zu gestalten.

In der nächsten Veranstaltung am 24. Januar referiert PD Dr. Andreas Pettenkofer von der Universität Erfurt dann zum Thema „Abwertende Anerkennung: Vom prekären Erfolg egalitärer Programme“.

Weitere Informationen zur Ringvorlesung finden Sie unter www.uni-erfurt.de/ringvorlesung.