„Wir müssen Haltung zeigen“ - neue Reihe "Theologie im Gespräch"

Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Erfurt und das Katholische Forum im Land Thüringen haben in diesen Tagen gemeinsam ihre neue Veranstaltungsreihe „Theologie im Gespräch“ im Erfurter Rathaus eröffnet. Mehr als 120 Gäste waren im Festsaal erschienen, um mit Vertretern aus Bundes- und Landespolitik über aktuelle gesellschaftliche und politische Entwicklungen zu diskutieren.

 

(Foto: Desiree Haak)

Auf dem Podium vertreten waren die ehemalige Ministerpräsidentin des Freistaates Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU), die amtierende Thüringer Umweltministerin Anja Siegesmund (Bündnis 90/Die Grünen) sowie der Landesvorsitzende der Jusos Thüringen, Oleg Shevchenko. Theologische Schlaglichter auf die Diskussion brachten der Fundamentaltheologe Prof. Dr. Michael Gabel sowie die christliche Sozialethikerin Prof. Dr. Elke Mack von der Universität Erfurt ein.

Unter der titelgebenden Frage des Abends, „In was für einer Welt wollen wir leben?“, griffen die Referenten eine breite Palette aktueller Themen auf: Der Umgang mit globaler Ressourcenknappheit und ethische Verantwortung in internationalen Handelsbeziehungen wurde ebenso angesprochen wie dringende Fragen des Naturschutzes. Mit Blick auf Deutschland und insbesondere den Freistaat Thüringen diskutierte man zudem über Chancengleichheit etwa im Bildungswesen sowie über ein Wohlstandsgefälle zwischen den alten und neuen Bundesländern und die damit verbundene Gefährdung des sozialen Friedens. Uneinigkeit zeichnete sich vor allem in weltanschaulich geprägten Diskussionsbeiträgen ab, etwa in Fragen des Lebensschutzes und der aktuellen Debatte um §229 StGB.

Bei aller Vielfalt der Themen und Meinungen bestand jedoch in einem Punkt Einigkeit: „Es ist an der Zeit, dass wir wieder darüber reden, worin unsere Werte liegen“, mahnte Umweltministerin Anja Siegesmund. Diese Werte und den dazugehörigen Diskurs gelte es, insbesondere gegen extremistische Kräfte zu verteidigen, wie Juso-Vorsitzender Oleg Shevchenko weiter ausführte: „Wir müssen offener werden, Haltung zeigen. Die Haltung, die wir hatten, scheint brüchig geworden zu sein.“

Die Rolle der Kirchen sahen die Diskutanten dabei vor allem darin, einen scharfen und kritischen Blick auf das aktuelle Zeitgeschehen zu wahren. Kirche müsse stets eine aktive Gesprächspartnerin bleiben, die auch bewusst über ihre eigenen Grenzen hinausgeht. „Worauf ich stolz bin“, resümierte Michael Gabel, „ist, dass es uns gelingt, uns mit Menschen, die selber von sich sagen, dass sie keiner Religion angehören – als Verbündete fühlen in den Anliegen, die uns bewegen.“ Gabel betonte damit die besondere Rolle der Kirchen im mehrheitlich areligiösen Thüringen. Christine Lieberknecht verwies in diesem Zusammenhang auch auf die ökumenischen Bemühungen sowie den fruchtbaren weltanschaulichen Dialog, der in Thüringen geführt werde: „Allein, dass wir uns heute Abend mit einer Veranstaltung, die von katholischen Bildungswerken getragen wird, hier im Festsaal des Rathauses zusammenfinden können – das ist doch großartig!“

Die Veranstaltungsreihe wird am 21. November um 19 Uhr im Erfurter Rathaus fortgesetzt. Dazu werden Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung a.D. (CDU), sowie die Landtagsabgeordneten Astrid Rothe-Beinlich (Bündnis 90/Die Grünen) und Christian Schaft (Die Linke) erwartet. Die Universität Erfurt wird durch den Religionsphilosophen Prof. em. Dr. Eberhard Tiefensee sowie den Moraltheologen Prof. Dr. Josef Römelt vertreten sein.