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Öffentlicher Vortrag: "Paradiesvögel an den Rändern der Welt und der Phantasie – eine Symbolgeschichte"

Im Rahmen ihrer Ausstellung „Vom Fremden erzählen. Reiseberichte aus fünf Jahrhunderten“ lädt die Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt am Mittwoch, 31. Mai, zu einem öffentlichen Vortrag von Prof. Dr. Christian Freigang (Berlin) ein. Er spricht über „Paradiesvögel an den Rändern der Welt und der Phantasie – eine Symbolgeschichte“. Beginn ist um 18.15 Uhr im Spiegelsaal auf Schloss Friedenstein. Der Eintritt ist frei.

 

Als Anfang des 16. Jahrhunderts ausgestopfte Paradiesvögel nach Europa kamen, wurden sie umgehend als höchst preziöse Sammlungsobjekte geschätzt. Denn sie schienen ja daher zu stammen, wo man das irdische Paradies am Rande der Welt vermutete, mitsamt seiner wunderbaren Fauna und Flora im sagenhaften Chatai, dem heutigen China. Hier, im fernen Orient, musste der Ursprung der Welt liegen – das Paradies – , dem im Westen der Ort des Letzten Gerichts entsprach: daher der Name der Vögel. Doch die Bedeutungsvielfalt der wunderbaren, farbenprächtigen Vögel lässt sich schon viel früher feststellen, denn bereits im Mittelalter glaubte man fest an Vögel des Paradieses, dachte sich diese als überirdisch – ohne Körper und Gewicht als reine Farbe in der Luft schwebend: Ein Vogel Gottes! Auf der Grundlage solcher Vorstellungen basierte auch der selbstverständliche Anspruch, als christlicher Herrscher über diese neuen Gebiete zu regieren. Die Vögel aus „Westindien“ galten insofern nicht als ethnografische Dokumente, sondern als Bestätigungen von biblischen Botschaften und des christlichen Heilskosmos, die gleichsam eine Schau in das gelobte Land ermöglichten.

Von heute aus betrachtet, ist es kurios, dass diese mythischen Vorstellungen der Vögel des Paradieses dann durch die Überseefahrten um 1500 vollauf bestätigt wurden: reine Federn in fantastischer Farbenpracht, und so vermengten sich lange die Ideen von den wunderbaren und exotischen Rändern der Welt mit der ornithologischen Beschreibungen sowie der künstlerischen Ausgestaltung und der Präsentation der schönen Vögel. Bestätigt wurde dies durch die zur ähnlichen Zeit entdeckten farbenprächtigen Vögel und den bunten Federschmuck am anderen Rand der Welt, nämlich in Mittel- und Südamerika. Der Vortrag des Berliner Kunst- und Architekturhistorikers Prof. Christian Freigang wird diese Überlagerungen von mythischen Assoziationen und ornithologischer Neugier an der Wende zur Renaissance verfolgen und Bilder dieser Anverwandlungen besprechen.