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Die Provenienz von Handschriften jenseits von Europa

Die Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt setzt im Herbst ihre digitale Veranstaltungsreihe "Gotha Manuscript Talks" fort. Diesmal geht es um die Herkunft von Handschriften jenseits von Europa. Erster Termin ist am 12. Oktober.

Orientalische Handschrift aus der Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt
Orientalische Handschrift aus der Forschungsbibliothek Gotha

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Frage der Provenienz (Herkunft) zu einem zentralen Thema in der Handschriftenforschung entwickelt und ein ganzes Fachgebiet hervorgebracht– die Provenienzforschung. Sowohl in der Wissenschaft als auch in der breiten Öffentlichkeit hat die Beschäftigung mit dem Besitz und der Überlieferung von Handschriften und kulturellem Erbe das Bewusstsein für das Erbe des Kolonialismus geschärft. Aufgrund von Machtungleichgewichten, wirtschaftlicher Ausbeutung und gewaltsamem Zwang gelangten arabische, osmanische und persische Manuskripte in großer Zahl in europäische Bibliotheken, Archive, Museen und Sammlungen. Die Untersuchung der Herkunft nahöstlicher Handschriften hat es Wissenschaftlern ermöglicht, sich kritisch mit diesem Erbe auseinanderzusetzen und neue Forschungsbereiche zu erschließen. Manuskripte, die nach Europa gebracht wurden, waren jedoch oft schon jahrhundertelang im Umlauf, während andere Manuskripte den Nahen Osten nie verließen. Selbst im 19. und 20.  Jahrhundert waren europäische Staaten und Einzelpersonen nicht die einzigen – und oft nicht unbedingt die wichtigsten – Akteure, die nahöstliche Manuskripte transferierten.

Indem wir den analytischen Blickwinkel der Provenienz aufgreifen, ihn aber nicht auf europäische, sondern nahöstliche Akteure ausrichten, können wir neue Fragen stellen: Wie lässt sich das Wirken außereuropäischer Akteure im Bereich der Manuskriptbewegungen rekonstruieren? In welchen kulturellen, religiösen oder sozialen Milieus zirkulierten Manuskripte im Osmanischen Reich und im Safawidenreich? Wie kann die Untersuchung der Herkunft von Manuskripten uns helfen, das Wesen und die Bedeutung von Büchern und Büchersammlungen sowie der materiellen Kultur im Nahen Osten im Allgemeinen zu verstehen? Inwieweit wirft die Übertragung von Manuskripten von einem Besitzer zum anderen ein Licht auf soziale oder wirtschaftliche Ungleichheiten, auf den sozialen Aufstieg oder Abstieg von Individuen und Gruppen? Inwiefern hilft sie uns, die Beziehungen solcher Gruppen und Individuen zu Bildungsinstitutionen und politischen Eliten zu verstehen?

Die Herbstreihe der Gotha Manuscript Talks 2022 ist der außereuropäischen Provenienz von Handschriften gewidmet. Im Bewusstsein der zentralen Bedeutung der Provenienz für die kritische Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe befassen sich die Referenten mit Provenienz als Instrument zur Untersuchung der sozialen, wirtschaftlichen, religiösen und kulturellen Horizonte von Personen und Gruppen in Nordafrika und Westasien, die Bücher und Büchersammlungen besaßen, sammelten, verkauften, verliehen, vererbten und stifteten.

Termine:

12. Oktober 2022, 18:15 Uhr
Dr. Olly Akkerman (Freie Universität Berlin)
A Treasury of Books Across the Indian Ocean: Isma’ili Manuscripts from to Yemen to Gujarat

26. Oktober 2022, 18:15 Uhr
Dr. Christopher Bahl (Durham University)
Mobile Arabic manuscripts across the early modern western Indian Ocean

09. November 2022, 18:15 Uhr
Dr. Boris Liebrenz (Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig)
Constantinople: Capital of Arabic Literature

30. November 2022, 18:15 Uhr
Dr. Simon Mills (Newcastle University)
Literary and historical manuscripts in seventeenth-century Aleppo: The “Dervish” Aḥmad revisited

Bitte beachten Sie: Die Vorträge werden in englischer Sprache gehalten. Informationen zum Inhalt und zu den Referenten finden Sie unter: https://www.uni-erfurt.de/en/gotha-research-library/library/current-events/cultural-events/gotha-manuscript-talks/current-events-of-the-gotha-manuscript-talks

Alle Veranstaltungen der Reihe "Gotha Manuscript Talks" finden digital statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Zur Teilnahme klicken Sie einfach auf den unten stehenden Link.

Link zur Veranstaltung

Weitere Informationen / Kontakt:

Wissenschaftlicher Referent orientalische Handschriftensammlung
(Forschungsbibliothek Gotha)
Forschungsbibliothek Gotha (Gotha, Schlossplatz 1)
Sprechzeiten
nach Vereinbarung
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