Max-Weber-Kolleg, SPF Bildung. Schule. Verhalten., SPF Religion. Gesellschaft. Weltbeziehung.

Immunisierungen gegen Nachhaltigkeit

Datum
11. Sep 2023 - 12. Sep 2023
Veranstaltungsort
Kommunikations- und Informationszentrum (KIZ), Seminarraum (C21)
Veranstalter
Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien
Veranstaltungsart
Workshop
Veranstaltungssprache(n)
Deutsch
Publikum
mit Anmeldung

Ein interdisziplinärer Workshop zu den Schwierigkeiten "nachhaltiger Entwicklung" am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt.

Über den Workshop

Zu den rätselhaftesten politischen Phänomenen der letzten Jahrzehnte gehört die Diskrepanz, die sich im Umgang mit dem Problem der ‚Nachhaltigkeit‘ zeigt: Zwar gibt es ein zunehmend genaues, zunehmend sicheres und immer leichter zugängliches Wissen um die drohenden katastrophischen Folgen von Klimawandel und Artensterben; dennoch besteht, trotz jahrzehntelanger Debatten, das individuell wie kollektiv faktisch vorherrschende Reaktionsmuster weiterhin im Relativieren dieser Probleme und im Aufschieben ihrer Bearbeitung.

Nach den Ursachen dieser Immunisierungsprozesse – und nach den Erfolgsbedingungen der Neutralisierungstechniken, die in ihnen wirksam werden – zu suchen, erfordert eine interdisziplinäre Diskussion. Denn die Mechanismen, auf die es hier ankommt, können an individuellen Wahrnehmungen und Bestrebungen ansetzen; an kollektiv geteilten Praktiken und den mit ihnen verbundenen sozialen Strukturen; an Prozessen öffentlicher Kommunikation; und an Policy-Entscheidungen und deren organisationalen Kontexten (die sich wiederum nur erklären lassen, wenn man auch die ‚Makro‘-Kontexte in den Blick nimmt, innerhalb derer diese Organisationen operieren). Um jene Mechanismen zu begreifen, sind also Konzepte aus Psychologie, Soziologie, Anthropologie, Kommunikationswissenschaft und Policy-Analyse hilfreich.

Dabei kann jede dieser disziplinären Perspektiven Immunisierungsmechanismen erkennbar machen, die aus anderen Perspektiven leicht übersehen werden. Zum Beispiel ist eine breite je individuelle Aufmerksamkeit für Folgeprobleme der Erderwärmung durchaus kompatibel damit, dass das Thema in öffentlichen Debatten erheblich relativiert wird; und auch dort, wo in der öffentlichen Debatte ein breiter Konsens über einen Regulierungsbedarf herrscht, kann sich beim näheren Hinsehen zeigen, dass auf der Policy-Ebene im Grunde nichts passiert.

Zugleich bieten die hier beobachtbaren Immunisierungsprozesse aber auch Beispiele dafür, dass der Versuch nicht hilfreich wäre, die Realität in separate Scheiben zu zerschneiden und dann isolierte disziplinäre Antworten zu suchen: Die entscheidenden Mechanismen und das Ausmaß der Wirkungen lassen sich oft nur erfassen, wenn die Schnittstellen und Wechselwirkungen zwischen den Phänomenbereichen in den Blick genommen werden, die sonst gerne als Zuständigkeitsgebiete separater Disziplinen behandelt werden. Zum Beispiel können soziale Kooperationsordnungen – indem sie stets von Neuem je spezifische Erfahrungen produzieren und zugleich je spezifische Rechtfertigungen bereitstellen – bei den Beteiligten ein spezifisch immunisiertes Bewusstsein auf Dauer stellen und sich gerade dadurch als Kooperationsordnungen immer wieder stabilisieren. Auch wegen der Rolle solcher Wechselwirkungen verlangt dieses Thema eine interdisziplinäre Debatte. Dazu gehört auch die Frage nach räumlichen Unterschieden: Die Immunisierungsstrategien der OECD-Welt unterscheiden sich – auch aufgrund von strukturellen und materiellen Zwängen – stark von denen in Emerging Markets.

Aus all diesen Gründen sind wir überzeugt, dass die Fragestellung des Workshops für die Bewohner des neuen Forschungsbaus eine gute Gelegenheit bieten wird, stärker miteinander ins Gespräch zu kommen.  

Bitte melden Sie sich für die Teilnahme per E-Mail bei den Organisator*innen an.

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