Wofür braucht die Universität Erfurt ein Graduiertenforum, Herr Professor Kranemann?
Dass wir als Universität irgendeine Form von Struktur in die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses bringen sollten, haben wir auf dem Campus ja schon länger diskutiert. Mit diesem Semester gibt die Universität die Antwort, in welcher Gestalt das künftig geschehen soll. Wenn gefragt wird, wofür, kann man in aller Kürze Folgendes nennen: für ein Mehr an Qualität der Unterstützung Promovierender wie Postdocs, für eine zielgenauere ideelle wie finanzielle Förderung, für eine bessere Kooperation zwischen den verschiedenen Akteuren, die an der Graduiertenförderung beteiligt sind. Die Einrichtung des Forums ist innerhalb der Universität ein wichtiger Schritt: Ein Graduiertenforum, das wissenschaftliche Kreativität und Ideenreichtum auf dem Campus sichtbar macht, wird auf alle Bereiche wissenschaftlicher Arbeit ausstrahlen und Anziehungskraft entwickeln. Andere Universitäten bündeln ihre Kräfte in diesem Bereich in ganz unterschiedlichen Strukturen. Wir, d.h. die Gremien unserer Universität und das Präsidium, waren der Meinung, dass der Universität Erfurt bei ihrer Größe und ihrem Fächerzuschnitt die Struktur eines Forums gut ansteht – so ist das Christoph-Martin-Wieland-Graduiertenforum entstanden.
Und wie muss man sich dieses Forum vorstellen? Ein neues Gebäude, neue Mitarbeiter?
Genau das war nicht unser Ziel. „Forum“ steht für eine Struktur, die offen ist für Gestaltung und entwicklungsfähig bleibt. Wir wollten nicht eine überdimensionierte und kostenintensive Leitungsstruktur schaffen. Unsere Gelder sollen in die Förderung der Wissenschaft fließen. Das Graduiertenforum leistet die wissenschaftliche Begleitung der Promovierenden und Postdocs. Sie geschieht weiterhin in den Fakultäten und dem Max-Weber-Kolleg und schließt die Arbeit in den EPPP-Nachwuchskollegs sowie der Einzelpromovierenden ein. Der Graduiertenservice, der durch die Stabsbereich ProUni - Forschung und Nachwuchsförderung verantwortet wird, ist für die Ausarbeitung von Stipendienprogrammen sowie für Weiterbildungsangebote und Workshops zuständig, die die wissenschaftliche Arbeit unterstützen. Außerdem werden hier zahlreiche Beratungsangebote zur Forschungsförderung, aber beispielsweise auch für die Planung von Karrierewegen angeboten. Schließlich braucht das Forum natürlich eine Leitungsstruktur, die plant, begleitet, evaluiert. Hierfür greifen wir auf den Forschungsausschuss des Senats zurück, der bei der Entwicklung der zentralen Konzepte der Graduiertenförderung Senat und Präsidium berät. Ihm haben wir eine „Konferenz“ an die Seite gestellt, die vor allem die Zusammenarbeit zwischen den Nachwuchskollegs, aber ebenso die konkreten Förderangebote für die Einzelpromovierenden im Blick hat. Außerdem gehört die Vergabekommission hierhin, die das Präsidium bei universitätsinternen Ausschreibungen unterstützt.
Das Graduiertenforum kommt ja nicht aus dem Nichts, es gab an der Universität Erfurt bereits Strukturen und Maßnahmen zur Nachwuchsförderung, was genau ist denn jetzt neu bzw. hinzugekommen?
Völlig richtig, wir erfinden die Graduiertenförderung nicht neu, aber bündeln manches neu und bringen vor allem einige neue Ideen ein, um die jungen Forscherinnen und Forscher bestmöglich zu unterstützen. Das Forum baut die Wege der Graduiertenförderung aus, die an der Universität in den vergangenen Jahren eingeschlagen worden sind. Neue Akzente setzen wir mit der schlanken Leitungsstruktur, in der alle Betroffenen zusammenarbeiten. Wir haben im Wintersemester so etwas wie einen Testlauf durchgeführt und dabei sehr gute Erfahrungen gesammelt. Sowohl von den Promovierenden als auch von den Leitungen der Nachwuchskollegs kamen wirklich interessante Anregungen, die wir in die weitere Entwicklung des Graduiertenforums aufnehmen werden. Neu ist das deutlich ausgebaute Angebot des Graduiertenservices. Wir können jetzt breitere, mehr und passgenauere Beratung für unsere Nachwuchswissenschaftler anbieten. Außerdem möchten wir für eine intensivere Zusammenarbeit zwischen den Nachwuchskollegs sorgen.
Welche Vorteile bietet das Forum für den wissenschaftlichen Nachwuchs?
Zunächst einmal ist das ein Signal an diese Gruppe innerhalb der Universität, dass ihre Forschung geschätzt und gefördert wird und dass auch der weitere Weg, die gelingende Karriere, der Promovierenden und Postdocs der Universität wichtig ist. Darum investieren wir in diese Förderung Ideen, Personal und nicht zuletzt erhebliche Finanzmittel. Dann wie gesagt: Es gibt für alle Interessierte deutlich mehr Unterstützung, um am eigenen Profil und an der wissenschaftlichen Karriere arbeiten zu können.
Das Forum ist so etwas wie eine Garantie, dass dies Bestand hat und weiterentwickelt wird. Im Stabsbereich Forschung und Nachwuchsförderung ist in den vergangenen Semestern die Grundlage für ein akademisch fundiertes Wissenschaftsmanagement gelegt worden. Das ist ein wirklicher Qualitätszuwachs, den man jetzt schon spüren kann und der dem wissenschaftlichen Nachwuchs zugute kommt. Alle Beteiligten sind eingeladen, über das Forum an der Verbesserung der Förderangebote mitzuwirken – diese Angebote müssen immer wieder evaluiert werden – und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gruppen und Teams zu intensivieren. Daran können und sollen sich auch die Nachwuchskräfte beteiligen. Das Forum ist gleichermaßen ein Geben und Nehmen.
Schließlich wollen wir das Forum nach außen und über das Forum unsere wissenschaftlichen Aktivitäten bekanntmachen. Mit dem Forum stellt sich die Universität Erfurt noch einmal neu mit ihren Forschungsqualitäten dar. Das ist natürlich ein Plus für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Erfurt.
Und wie kam es zum Namen Christoph-Martin-Wieland-Graduiertenforum?
Wir haben nach einer Persönlichkeit gesucht, die für die bei uns vertretenen Wissenschaften stehen und möglichst einen Bezug zu Erfurt haben sollte. Das gilt für Christoph Martin Wieland in besonderer Weise. Er war bekanntlich Professor an der Universität Erfurt. Zu seinen Fachgebieten und Interessen gehörten Theologie und Philosophie ebenso wie natürlich Literatur und die Kunst der Übersetzung. Er hat Jura studiert und als Hauslehrer hatte er eine Nähe zur Pädagogik. Wieland passt zum fachlichen Profil der Universität. Er war ein offener Geist, der mit unterschiedlichen Denkrichtungen seiner Zeit im Gespräch war und diese Vielfalt zu schätzen wusste – das sind Eigenschaften, die auch unser Graduiertenforum auszeichnen sollten.