Leichte Sprache ist eine sprachliche Varietät, die dazu dient, die Verständlichkeit von Texten für eine Zielgruppe mit besonderen Bedürfnissen zu verbessern. Leitlinien für die Verwendung der Leichten Sprache empfehlen unter anderem, den Genitiv zu vermeiden und ihn durch eine Dativphrase mit von zu ersetzen. Dies ist aus zwei Gründen fragwürdig: Erstens lässt sich diese Strategie nicht auf alle Arten von Genitivkonstruktionen anwenden, und zweitens ist ihre Nützlichkeit nicht empirisch belegt. Frühere empirische Studien zu diesem Thema litten unter methodischen Mängeln und mangelnder statistischer Aussagekraft. In der vorliegenden Studie soll anhand eines Leseverständnistests untersucht werden, ob die Verwendung einer von-Phrase anstelle des Genitivs tatsächlich Vorteile für das Leseverständnis bringt. 37 Erwachsene mit geistiger Behinderung wurden gebeten, 32 Fokussätze zu lesen, von denen 16 einen possessiven Genitiv und die anderen 16 eine analoge von-Phrase enthielten. Das Verständnis der Teilnehmer in Bezug auf den Besitz oder die Zugehörigkeit, wie sie in den Sätzen angedeutet wurden, wurde anhand von Single-Choice-Fragen untersucht. Die Analyse der Antworten zeigte, dass es keine signifikanten Unterschiede im Verständnis des Genitivs und der von-Phrase gab. Die Analyse der Antworten zeigte, dass es keine signifikanten Unterschiede im Verständnis des Genitivs und der von-Phrase gab. Dies war unabhängig von der Bedeutung der morphologischen Kasusmarkierung und von der Länge des Satzes. Außerdem gab es keine Hinweise auf einen Einfluss der individuellen Lesefähigkeiten für Wörter und Pseudowörter oder der individuellen Lesehäufigkeit. Diese Ergebnisse stellen die Notwendigkeit einer allgemeinen Regel zur Vermeidung von Genitiven in deutscher Leichter Sprache infrage.