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Kompetenznetzwerk fragt wie Hierarchien aus der Kolonialzeit in aktuellen Konflikten wirken

Auch lange nach dem Ende der Kolonialzeit haben Hierarchien aus dieser Epoche eine große Wirkmacht bei der Entstehung und der Dynamik von Gewaltkonflikten sowie bei Versuchen, diese zu befrieden. Das ist dies Ausgangsbeobachtung des Kompetenznetzwerks „Postcolonial Hierarchies in Peace and Conflict“ – „Postkoloniale Hierarchien in Frieden und Konflikt“, das es sich zur Aufgabe macht, diese Asymmetrien zu erforschen. Zugleich will es damit auch dazu beitragen, Konzepte und Erklärungsansätze der Friedens- und Konfliktforschung weiterzuentwickeln. Das Netzwerk unter Federführung der Philipps-Universität Marburg hat seine Arbeit zum 1. April 2022 aufgenommen. Beteiligt ist auch die Universität Erfurt.

In den kommenden vier Jahren forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentrums für Konfliktforschung (Marburg), des DFG Exzellenzclusters „Africa Multiple“ (Bayreuth) und des Center for Political Practices and Orders („C2PO“, Erfurt) sowie des Arnold-Bergstraesser-Instituts in Freiburg gemeinsam daran, wie sich postkoloniale Hierarchien in heutigen Konfliktdynamiken niederschlagen und welche Schlüsse daraus für künftige Konflikttransformation gezogen werden können.

Im Fokus stehen vor allem folgende Themen:

  • die Bedeutung postkolonialer Hierarchien für die Entstehung und den Verlauf von Konflikten in ehemals kolonialisierten Gesellschaften, aber auch in den Gesellschaften ehemaliger Kolonialmächte,
  • die Kontinuitäten kolonialer Verständnisse von Frieden und Sicherheit sowie
  • die Möglichkeiten der Transformation solcher Kontinuitäten durch die Aufarbeitung kolonialer Gewalt.

Ein wichtiger Teil der gemeinsamen Arbeit in den nächsten vier Jahren besteht darin, eine weltweit erreichbare virtuelle Enzyklopädie zu diesen Themen zu erstellen.

Der standortübergreifende Austausch ist für das Netzwerk besonders wichtig und wird in verschiedenen Formaten organisiert. Ziel ist dabei, nicht nur konzeptionelle Fragen zu postkolonialen Perspektiven in der Friedens- und Konfliktforschung zu diskutieren, sondern auch Debatten aus angrenzenden Wissenschaftsfeldern wie der Soziologie, den Kultur- und Literaturwissenschaften und den Geschichtswissenschaften zu erschließen. In der überregionalen Zusammenarbeit werden existierende Forschungsschwerpunkte gebündelt und weiterentwickelt

„Das Besondere an diesem Forschungsverbund ist seine Netzwerkstruktur. Die Themenbereiche sind nicht zwischen den Standorten aufgeteilt; sondern zu jedem Themenbereich gibt es eine Arbeitsgruppe, in der Mitglieder aller Standorten zusammenarbeiten. Für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an allen Standorten gibt es zudem eine gemeinsame Virtual Graduate School, in deren Rahmen sie ihre Weiterqualifikation in einem strukturierten Graduiertenprogramm vorantreiben können. Diese School wird von PD Dr. Ulrich Franke koordiniert, der ebenfalls am C2PO mitarbeitet“, sagt Prof. Dr. Oliver Kessler. Der Sprecher des C2PO leitet das Projekt am Erfurter Standort gemeinsam mit Prof. Dr. André Brodocz.

„Die Teilnahme an diesem Netzwerk mit drei sehr profilierten Partnern zeigt, dass wir mit der Staatswissenschaftlichen Fakultät nach der Etablierung des bundesweit hoch anerkannten BA-Studiengangs „Internationale Beziehungen“, der erfolgreichen Teilnahme am Bund-Länder-Tenure-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, mit dem wir drei Tenure-Track-Professuren für internationale Politik und Konfliktforschung, für internationales Verwaltungsrecht und Völkerrecht sowie für internationale und monetäre Makroökonomik neu einrichten konnten, und der Einrichtung einer gemeinsamen Forschungsprofessur for Democratic Institutions in the Global South mit dem Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien Hamburg unsere Profilierung als Standort mit innovativen Perspektiven auf die Entgrenzung nationalstaatlich verfasster Gesellschaften, ihrer Rechtsordnungen und Volkswirtschaften sowie auf die damit einhergehenden gesellschaftspolitischen Herausforderungen inzwischen erfolgreich profiliert haben“, bemerkt Prof. Brodocz, der ehemalige Dekan der Staatswissenschaftlichen Fakultät.

Das Kompetenznetzwerk wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit einer Gesamtsumme in Höhe von knapp vier Millionen Euro gefördert. Nach der sehr erfolgreichen Evaluierung der deutschen Friedens- und Konfliktforschung durch den Wissenschaftsrat hatte das Ministerium die Förderung von Forschungsverbünden zur Förderung und Weiterentwicklung der Friedens- und Konfliktforschung ausgeschrieben.

Weitere Informationen / Kontakt:

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Inhaber der Professur für Politische Theorie
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C03 - Lehrgebäude 1 / Raum 0160
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Termine werden in der Vorlesungszeit nur nach Anmeldung (mit Angabe des Gesprächsgrundes) per E-Mail (christiane.pilz@uni-erfurt.de) vergeben.
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