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COSMO: Neue Langzeitstudie zum Impfverhalten gestartet

Seit Beginn der Corona-Pandemie widmet sich ein Forschungsteam um die Psychologin Prof. Dr. Cornelia Betsch an der Universität Erfurt dem Thema „Infektionsschutzverhalten verstehen und verändern“. Das „Covid-19-Snapshot Monitoring“ (COSMO) hat sich dabei schnell zur Referenz-Studie entwickelt, wenn es z.B. um Fragen geht, wie die Menschen verschiedene Aspekte der Krise wahrnehmen oder die Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung akzeptieren. Im Rahmen dieser Untersuchungen hat das Team jetzt gemeinsam mit der Universität Wien eine Langzeitstudie zum Erleben und Verhalten von Geimpften und Ungeimpften in Deutschland und Österreich gestartet. Die Ergebnisse der ersten Erhebung liegen nun vor.

Hintergrund der neuen Untersuchung ist, dass aktuelle Daten der COSMO-Befragung (Welle 59) zeigen, dass ca. elf Prozent der Befragten ungeimpft sind und die meisten es auch bleiben wollen. Um genauer zu verstehen, was Menschen vom Impfen abhält und wie sie einer allgemeinen Impfpflicht gegenüberstehen, wird nun das Erleben und Verhalten von geimpften und ungeimpften Personen genauer untersucht. Mit dem COSMO-PANEL wurde nun eine entsprechende Langzeitstudie in Deutschland und Österreich aufgesetzt – beide Länder erwägen die Einführung der allgemeinen Impfpflicht gegen COVID-19.

In der ersten Erhebung in Deutschland in der Zeit vom 15. bis 27. Dezember 2021 wurden insgesamt 3242 Personen befragt. 2008 von ihnen waren mindestens einmal gegen COVID-19 geimpft, 1234 waren nicht geimpft. Drei weitere Befragungen werden folgen. Es handelt sich dabei nicht um eine für Alter oder Geschlecht repräsentative Studie, das einzige Merkmal, nachdem die Befragten ausgewählt wurden, war der Impfstatus.

Zu den Ergebnissen erläutert Prof. Dr. Cornelia Betsch: „Aus den Daten geht für uns hervor, dass die Ablehnung der Impfung vor allem aus Angst und fehlendem Vertrauen in ihre Sicherheit erfolgt. Wir interpretieren das als eine ‚heiße‘ Ablehnung, also keine ‚kühle‘, faktenbasierte Entscheidung, sondern eine Gefühlsentscheidung aus Angst, Sorge und Mistrauen. Die Daten zeigen auch, dass die gerade diskutierte Impfpflicht ebenfalls starke Gefühle von Ärger und einen großen Wunsch nach Umgehung der Pflicht bei den Betroffenen auslöst. Die Mehrheit der Ungeimpften wird deshalb vermutlich Wege suchen, sich einer Impfpflicht zu entziehen. Dabei spielt die Ausgestaltung der Impfpflicht für sie keine Rolle: Wer ungeimpft ist, lehnt eine Impfpflicht ab, egal wie sie aussieht.“

Angesichts dieser Erkenntnisse empfehlen die Wissenschaftler*innen, alles dafür zu tun, um die Ängste vor einer Impfung zu reduzieren. Dies sei mit oder ohne Impfpflicht ein Gebot guter Aufklärung, so Betsch. Dafür sollte medizinisches Personal besonders informiert und geschult werden. Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte sollten auch Unterstützung erhalten, wenn es darum geht, Falschinformationen zu widerlegen. Hierauf sollte ein besonderes Augenmerk liegen, empfiehlt das COSMO-Team. Das persönliche Gespräch habe dabei besondere Bedeutung.

„Wenn wir Zweifler bzw. Impfskeptiker ‚mitnehmen‘ wollen, müssen wir die geplante Impfpflicht wissenschaftlich begründen“, sagt Cornelia Betsch. „Und wir müssen auch ihren Nutzen für den Einzelnen, die Gesellschaft aber auch die Wirtschaft stärker erläutern.“ Dabei sei eine respektvolle und sachliche Kommunikation zwingend erforderlich, gerade bei Personen, die besonders in der Öffentlichkeit stehen. Das Vertrauen von Ungeimpften in die Bundesregierung sei bereits so gering, dass es kaum mehr verspielt werden könne. Deshalb sollten Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung vor allem darauf ausgerichtet sein, das Vertrauen der Mehrheit von Geimpften zu erhalten und idealerweise zu stärken. Und: „Überlegungen zur Durchsetzung der Impfpflicht werden immer mit einbeziehen müssen, dass es unter den Ungeimpften einen großen Anteil an Personen gibt, die die Pflicht umgehen wollen.“

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