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Universität Erfurt ernennt PD Dr. Annegret Schüle zur Honorarprofessorin

Die Universität Erfurt hat PD Dr. Annegret Schüle auf Antrag der Philosophischen Fakultät und mit Zustimmung des Senats zur Honorarprofessorin ernannt. Die Leiterin des Erinnerungsortes Topf & Söhne ist der Universität Erfurt seit langer Zeit schon sehr verbunden und auch als Lehrbeauftragte am Historischen Seminar tätig.

PD Dr. Annegret Schüle mit Prof. Dr. Walter Bauer-Wabnegg (l.) und Prof. Dr. Sven Jöckel bei der Übergabe der Ernennungsurkunde

Annegret Schüle studierte Geschichte und Sozialwissenschaften in Heidelberg und Köln und wurde am Historischen Institut der Universität Jena promoviert. Von 1994 bis 1999 war sie Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung. Seit 2002 erforscht sie die Geschichte der Erfurter Firma J. A. Topf & Söhne und veröffentlichte u.a. die Monografie „Industrie und Holocaust. Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz“, mit der sie 2012 an der Universität Erfurt habilitiert wurde.

Als Historikerin legt PD Dr. Annegret Schüle seit Beginn ihrer Forschungs- und Publikationstätigkeit einen Schwerpunkt darauf, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse einem großen Publikum zu vermitteln und so ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein in der Gesellschaft zu fördern. Ab 2002 erforschte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora die Mittäterschaft der Erfurter Firma J. A. Topf & Söhne an der Shoah. Sie schuf damit das wissenschaftliche Fundament für die Internationale Wanderausstellung „Techniker der ‚Endlösung‘. Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz“, an deren Erstellung sie beteiligt war, sowie für den Aufbau des Erinnerungsortes Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz in Erfurt, den sie konzipierte, aufbaute und seit seiner Eröffnung 2011 leitet.

Mit der Thematik der industriellen Beteiligung an den nationalsozialistischen Massenverbrechen hat sie eine bisher kaum beachtete Dimension in der Erinnerungskultur zum Nationalsozialismus in Thüringen und weit darüber hinaus erhellt und einen historisch-politischen Lernort von hoher gesellschaftlicher Relevanz geschaffen. Der Erinnerungsort Topf & Söhne ist europaweit die einzige museale Einrichtung, die auf dem früheren Firmengelände eines ehemals beteiligten Unternehmens die engen Verbindungen zwischen der Privatwirtschaft und den Orten des Terrors und Massenmordes, den Konzentrations- und Vernichtungslagern wie auch den Tötungszentren der „Aktion T4“, aufzeigt. Mit seiner kuratorischen und pädagogischen Praxis, exemplarisch die Verantwortung des Einzelnen und seine auch unter den Bedingungen der nationalsozialistischen Diktatur vorhandenen Handlungsoptionen aufzuzeigen, hat sich der Erinnerungsort Topf & Söhne unter der Leitung von PD Dr. Annegret Schüle nationales und internationales Renommee und eine wachsende Nachfrage für sein Bildungsangebot erarbeitet. Davon zeugt der 2014 an den Erinnerungsort vergebene Museumspreis der Sparkassenkulturstiftung Hessen-Thüringen.

Mit einer Vielzahl an Veröffentlichungen, Vorträgen, Ausstellungen, Projekten und Jurymitgliedschaften hat PD Dr. Annegret Schüle ein beachtliches Oeuvre an Tätigkeiten im akademischen Umfeld vorzuweisen. Ihre Arbeit setzt Maßstäbe in der akademischen Forschung zu den nationalsozialistischen Gesellschaftsverbrechen und zur jüdischen Geschichte – für eine diskursive Erinnerungskultur und eine innovative Bildungs- und Vermittlungsarbeit. Ihre Erkenntnisse vermittelte sie in zahlreichen Ausstellungen, Büchern und Aufsätzen, die eine breite Resonanz fanden – so wurden fast alle von ihr für den Erinnerungsort kuratierten Ausstellungen aufgrund des großen öffentlichen Interesses auch zu erfolgreichen Wanderausstellungen.

„Für die Universität Erfurt ist die Zusammenarbeit mit PD Dr. Annegret Schüle sowohl als Lehrbeauftragte wie auch als Leiterin des Erinnerungsortes Topf & Söhne ein großer Gewinn“, heißt es in der Begründung der Philosophischen Fakultät zu ihrem Antrag auf die Honorarprofessur. „Ihre Leistungen im wissenschaftlichen wie im wissenschaftsnahen Bereich zeichnen sich einerseits durch intensives und akribisches Quellenstudium und hervorragendes Kontextwissen aus und andererseits durch die Fähigkeit, die Erkenntnisse so zu vermitteln, dass ein breites Publikum angesprochen und sensibilisiert werden kann. Und nicht zuletzt konnten dank PD Dr. Annegret Schüle die Verbindungen der Universität zur Stadtgesellschaft erweitert und vertieft werden. Die Früchte ihrer engen Zusammenarbeit mit der Universität zeigten sich etwa im Kooperationsprojekt zur virtuellen Rekonstruktion, der im November 1938 von den Nationalsozialisten zerstörten Großen Synagoge Erfurt.“