James Watson, Mitentdecker der DNA-Struktur, ließ 2007 sein eigenes Genom sequenzieren – mit der klaren Bitte: „Aber sagt mir bitte nicht, ob ich ein erhöhtes Risiko für Alzheimer habe!“ Selbst ein Nobelpreisträger mit unstillbarem Forschungsdrang kann also bewusst sagen: Danke, aber nein danke. Genau solche Fälle stehen im Zentrum des Vortrags. Wir sprechen von "gewolltem Nichtwissen." Das klingt widersinnig, doch in vielen Situationen ist es durchaus sinnvoll.
Wir alle praktizieren gewolltes Nichtwissen – oft als bewusste Wahl. Wir entscheiden uns, bestimmte Informationen gar nicht erst zu suchen oder einfach nicht zu nutzen. Diese Praxis betrifft nicht nur uns als Individuen, sondern auch Regierungen, Unternehmen und Organisationen, die gezielt die Wahl des Nichtwissens einsetzen.
Warum tun wir das? Manchmal schützt uns Unwissenheit. Manchmal trägt sie zur Stabilität der Gesellschaft bei – oder sie bewahrt den häuslichen Frieden, wenn wir nicht alle Geheimnisse miteinander teilen wollen. Auch unsere jüngere Geschichte kennt Beispiele: In der BRD der Nachkriegszeit wurde manches lieber nicht gewusst, bis spätere Generationen Aufklärung einforderten. Nach dem Mauerfall entschieden sich viele Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR bewusst dafür, ihre Stasi-Akten nicht einzusehen.
In diesem Vortrag gehen wir der Frage nach, warum gewolltes Nichtwissen praktiziert wird und funktional sein kann – etwa, indem es Diskriminierung reduziert. Gleichzeitig diskutieren wir aber auch die Schattenseiten: Wann gewolltes Nichtwissen problematisch wird, zum Beispiel im Umgang mit wichtigen medizinischen Informationen. Darüber hinaus betrachten wir, wie sich die 'kognitive Leistung' zum bewussten Nichtwissen über die Lebensspanne entwickelt und welche Möglichkeiten es gibt, dieses faszinierende Phänomen der menschlichen Kognition zu modellieren.
Wissen im Gespräch: Klima · Gesundheit · Demokratie
Mit den Nexus Dialogen eröffnet das Institute for Planetary Health Behaviour eine neue, hochschulöffentliche Vortragsreihe an der Schnittstelle von Klima, Gesundheit und Demokratie.
Ziel ist es, gemeinsam zentrale Zukunftsfragen zu diskutieren und Antworten zu entwickeln.
In den Nexus Dialogen teilen Expert:innen ihre Erkenntnisse zu Klima, Gesundheit und Demokratie und treten in einen offenen Dialog mit dem Publikum. So entsteht ein lebendiger Austausch zwischen den Disziplinen, die wir in unsere Arbeit und die Gesellschaft tragen.