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A03: Besitz als Medium der Gewohnheit. Zur politischen Anthropologie des Eigentums im 19. Jahrhundert

Teilprojekt A03 im SFB TRR294 "Strukturwandel des Eigentums". Ausgangspunkt des Projekts ist die Erkenntnis, dass Eigentum für die Konstitution und Reproduktion von Ding-, Sozial- und Selbstverhältnissen eine Schlüsselposition einnimmt. (Förderphase 2)

Laufzeit
01/2025 - 12/2028

Finanzierung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Projektleitung

Inhaber der Professur für Wissenschaftsgeschichte (Historisches Seminar)
Prof. Dr. Martin Mulsow
Inhaber der Professur für Wissenskulturen der Europäischen Neuzeit (Philosophische Fakultät)

Hauptprojekt

Verwandte Projekte

A01: Zwiespältiges Eigentum: Von der Spätantike zum Mittelalter Dr. Sofia Bianchi Mancini,
Prof. Dr. Jörg Rüpke,
Prof. Dr. Markus Hermann Vinzent
C06 Eigentum als Form der Weltbeziehung Prof. Dr. Hartmut Rosa,
Dr. Jörg Oberthür
C01 Hybride Eigentumsordnung Prof. Dr. Carsten Caspary
B01 Urbane Eigentumsordnungen Prof. Dr. Martin Fuchs,
Prof. Dr. Beatrice Renzi
A03 Besitz und Gewohnheit Prof. Dr. Bernhard Lothar Kleeberg,
Prof. Dr. Martin Mulsow
A02 Eigentum am eigenen und am anderen Körper Prof. Dr. Jürgen Martschukat,
PD Dr. Felix Krämer
A01 Göttliches Eigentum Prof. Dr. Jörg Rüpke,
Prof. Dr. Markus Hermann Vinzent

Das Teilprojekt befasst sich mit wissenschaftlichen Theorien der Gewohnheitsbildung durch Privateigentum. Es fokussiert deren Entwicklung vom agarökonomischen Landeigentum bis zum städtischen Privatbesitz an Konsumgütern. Mit dem Strukturwandel des Eigentums geht, so die These, eine Veränderung der wissenschaftlichen Annahmen dazu einher, in welcher Weise Privateigentum gewohnheitsbildend und zivilisierend wirkt. Mit diesen Annahmen verändern sich auch die Sozialfiguren, die als freie Eigentümer:innen gelten. Mit einem Schwerpunkt auf dem 19. Jahrhundert rekonstruiert das Teilprojekt sowohl die kolonialen Verstrickungen dieser Besitzauffassungen, als auch deren sozialökologische Implikationen. 

Hintergrund: Zusammenfassung des Forschungsprogramms des SFB

Der SFB untersucht die Institution des Eigentums mit Blick auf ihre Wandlungsfähigkeit, den gegenwärtig sich vollziehenden Wandel und seine Folgewirkungen. Die Ausgangsbeobachtung, dass namentlich das Privateigentum einerseits global an Bedeutung gewonnen hat, andererseits aber vielfältig herausgefordert ist, wurde in der ersten Förderphase in Untersuchungen zur Geschichte heutiger Eigentumsordnungen, zu aktuellen Konflikten und alternativen Ordnungsoptionen empirisch und konzeptuell erhärtet und konkretisiert. In der zweiten Förderphase sollen die identifizierten Veränderungsprozesse systematisch vergleichend erforscht werden. Vergleichsgesichtspunkte sind die extensionale Verbreitung etablierter Eigentumsmuster, die intensionale Bestimmung von Eigentum, die zeitliche Dauer von Wandlungsprozessen und die Temporalität von Eigentum selbst sowie die räumliche Verteilung und Veränderung von Eigentumsgütern und -ordnungen. Auch die Projektbereiche sind nun auf vergleichende Analysen hin orientiert. Wir wollen erstens problematische Eigentumsobjekte erforschen, zweitens Spannungen zwischen Eigentumssubjekten untersuchen und drittens beleuchten, wie Eigentumsordnungen mit anderen gesellschaftlichen Ordnungsprinzipien koordiniert sind oder in Konflikt geraten. Unsere Forschungsannahmen führen die Hypothesen des Einrichtungsantrags in differenzierter und präzisierter Form fort. Wir gehen davon aus, dass die globale Expansion des Eigentums teilweise seine Diversifizierung erfordert, teilweise Abwehr auslöst; teilweise wird Eigentum zudem anderen Zielen untergeordnet, und Eigentumsordnungen bleiben global heterogen. Darüber hinaus prägen konkrete Zwischenergebnisse zu wissenschaftlicher wie praktischer ‚Eigentumsvergessenheit‘, zur partiellen Entkopplung von Eigentumstiteln und Besitzpraktiken, zu neuer staatlicher Eigentumsregulierung, zur Verkettung heterogener Eigentumsgüter und Verfügungsrechte sowie zu einer teils ordnungsstützenden, teils konfrontativen Rolle alternativer Eigentumsformen das Programm für die zweite Förderphase. In neu eingerichteten Theorie- und Themenforen verbinden wir diese Stränge mit Debatten um Staatlichkeit im Wandel, öffentliche Infrastrukturen, Kommodifizierung und Assetisierung, die sozialökologische Krise und die Persistenz nicht-westlicher Ordnungen. Durch diese Schwerpunktsetzungen kann der SFB zugleich die veränderten (informations-)technologischen, ökologischen und weltpolitischen Rahmenbedingungen erfassen, die Eigentum unter Veränderungsdruck setzen. Um die Vielfalt dieser Themen empirisch vergleichend zu erforschen, konzeptuell zu integrieren und sozialtheoretisch zu deuten, ist weiterhin die Zusammenarbeit verschiedener geistes- und sozialwissenschaftlicher Fächer unerlässlich. Die verbindende Grundfrage bleibt, ob sich eine veränderte Grundstruktur der geregelten Verfügung über Güter formiert.