Max-Weber-Kolleg Philosophische Fakultät Historisches Seminar SPF Wissen. Räume. Medien.

JRT05: Privatschulden und Eigentumsbildung im Kontext historischer Umbrüche in Deutschland und den USA

Teilprojekt JRT05 im SFB TRR294 "Strukturwandel des Eigentums". Ausgangspunkt des Projekts ist die Erkenntnis, dass Eigentum für die Konstitution und Reproduktion von Ding-, Sozial- und Selbstverhältnissen eine Schlüsselposition einnimmt.

Laufzeit
01/2025 - 12/2028

Finanzierung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Projektleitung

Dr. Felix Krämer
Mitglied der Forschungsgruppe "Freiwilligkeit" (Historisches Seminar)

Hauptprojekt

Verwandte Projekte

A01: Zwiespältiges Eigentum: Von der Spätantike zum Mittelalter Dr. Sofia Bianchi Mancini,
Prof. Dr. Jörg Rüpke,
Prof. Dr. Markus Hermann Vinzent
C06 Eigentum als Form der Weltbeziehung Prof. Dr. Hartmut Rosa,
Dr. Jörg Oberthür
C01 Hybride Eigentumsordnung Prof. Dr. Carsten Caspary
B01 Urbane Eigentumsordnungen Prof. Dr. Martin Fuchs,
Prof. Dr. Beatrice Renzi
A03 Besitz und Gewohnheit Prof. Dr. Bernhard Lothar Kleeberg,
Prof. Dr. Martin Mulsow
A02 Eigentum am eigenen und am anderen Körper Prof. Dr. Jürgen Martschukat,
PD Dr. Felix Krämer
A01 Göttliches Eigentum Prof. Dr. Jörg Rüpke,
Prof. Dr. Markus Hermann Vinzent

Das Junior Research Team untersucht, auf welche Weise sich kreditbasierte Beziehungen von Menschen zu Immobilieneigentum in Momenten historischer Umbrüche verändern. Untersuchungszeiträume sind die Great Depression in den USA der 1930er Jahre, die Nachwendezeit ab 1989 in Deutschland und die Zeit der Great Recession 2007-2009, in denen durch Immobilienkredite und Privatverschuldung konstituierte Weltbeziehungen von Menschen jeweils Erschütterungen ausgesetzt waren. Die Untersuchung der drei Zeiträume wird einen asymmetrischen eigentumsgeschichtlichen Vergleich ermöglichen. Kreditzugriff und Eigentumsbildung stehen in modernen Gesellschaften in Wechselwirkung und Finanzpolitik und Verschuldung stehen mit Erfahrungen der Menschen in Wechselwirkung. Diese Zusammenhänge werden im Projekt als Teil des jeweiligen strukturellen Eigentumswandels verstanden und untersucht. 

Das JRT arbeitet die Bedeutung von Krediten als Produktionsherd sozialer Ungleichheit in historischer Vergleichsperspektive an Wohneigentum heraus. Dabei rücken die beiden Pole, Eigentumsbildung/Ermächtigung einerseits und Prekarisierung/Überschuldung andererseits, ins Untersuchungsfeld. Diese werden wiederum an der Geschlechterachse und entlang des racial wealth gap und Klassendifferenzen in den USA bzw. anhand ungleicher Kreditkonditionen betrachtet, denen ost- und westdeutsche Bürger:innen ausgesetzt waren. Wir wenden uns dabei historiografisch denjenigen historischen Momenten und Zeiträumen zu, die durch einen Strukturwandel von Eigentumsverhältnissen gekennzeichnet und geprägt waren, in denen ökonomische bzw. politische Krisenphänomene auf die Verbindlichkeiten und Schuldenverhältnisse von Menschen einwirkten. Dabei sind Kredite und Privatschulden, so die verfolgte Hypothese, in den zu untersuchenden Zeitabschnitten kein Beiwerk des Strukturwandels, sondern in Wechselwirkung mit der Eigentumsordnung zugleich Ursache wie Auswirkung dieses Wandels.

Hintergrund: Forschungsprogramm des SFB

Der SFB untersucht die Institution des Eigentums mit Blick auf ihre Wandlungsfähigkeit, den gegenwärtig sich vollziehenden Wandel und seine Folgewirkungen. Die Ausgangsbeobachtung, dass namentlich das Privateigentum einerseits global an Bedeutung gewonnen hat, andererseits aber vielfältig herausgefordert ist, wurde in der ersten Förderphase in Untersuchungen zur Geschichte heutiger Eigentumsordnungen, zu aktuellen Konflikten und alternativen Ordnungsoptionen empirisch und konzeptuell erhärtet und konkretisiert. In der zweiten Förderphase sollen die identifizierten Veränderungsprozesse systematisch vergleichend erforscht werden. Vergleichsgesichtspunkte sind die extensionale Verbreitung etablierter Eigentumsmuster, die intensionale Bestimmung von Eigentum, die zeitliche Dauer von Wandlungsprozessen und die Temporalität von Eigentum selbst sowie die räumliche Verteilung und Veränderung von Eigentumsgütern und -ordnungen. Auch die Projektbereiche sind nun auf vergleichende Analysen hin orientiert. Wir wollen erstens problematische Eigentumsobjekte erforschen, zweitens Spannungen zwischen Eigentumssubjekten untersuchen und drittens beleuchten, wie Eigentumsordnungen mit anderen gesellschaftlichen Ordnungsprinzipien koordiniert sind oder in Konflikt geraten. Unsere Forschungsannahmen führen die Hypothesen des Einrichtungsantrags in differenzierter und präzisierter Form fort. Wir gehen davon aus, dass die globale Expansion des Eigentums teilweise seine Diversifizierung erfordert, teilweise Abwehr auslöst; teilweise wird Eigentum zudem anderen Zielen untergeordnet, und Eigentumsordnungen bleiben global heterogen. Darüber hinaus prägen konkrete Zwischenergebnisse zu wissenschaftlicher wie praktischer ‚Eigentumsvergessenheit‘, zur partiellen Entkopplung von Eigentumstiteln und Besitzpraktiken, zu neuer staatlicher Eigentumsregulierung, zur Verkettung heterogener Eigentumsgüter und Verfügungsrechte sowie zu einer teils ordnungsstützenden, teils konfrontativen Rolle alternativer Eigentumsformen das Programm für die zweite Förderphase. In neu eingerichteten Theorie- und Themenforen verbinden wir diese Stränge mit Debatten um Staatlichkeit im Wandel, öffentliche Infrastrukturen, Kommodifizierung und Assetisierung, die sozialökologische Krise und die Persistenz nicht-westlicher Ordnungen. Durch diese Schwerpunktsetzungen kann der SFB zugleich die veränderten (informations-)technologischen, ökologischen und weltpolitischen Rahmenbedingungen erfassen, die Eigentum unter Veränderungsdruck setzen. Um die Vielfalt dieser Themen empirisch vergleichend zu erforschen, konzeptuell zu integrieren und sozialtheoretisch zu deuten, ist weiterhin die Zusammenarbeit verschiedener geistes- und sozialwissenschaftlicher Fächer unerlässlich. Die verbindende Grundfrage bleibt, ob sich eine veränderte Grundstruktur der geregelten Verfügung über Güter formiert.